Jedes Jahr wenigstens einmal befällt mich GAS (Gear Aquisition Syndrom) wie es die Community bei SOTW nennt. Irgendwie setzt sich dann so eine Art Bazillus im Gehirn fest, der eim zuflüstert "es gibt so schöne neue Saxophone, warum darbst du noch?" 8-)
ok, man kann ja mal ganz unverbindlich in den Laden gehen und was anspielen, kostet ja nichts, vielleicht ist man dann geheilt
Neben einem schönen Ton hab ich mein Hauptaugenmerk auf eine schnelle, lautlose action gelegt, denn mein Eindruck ist, daß viele Probleme beim Spiel von einer nicht passenden action kommen. Entweder sind die Abstände der keys zu klein oder zu groß, und/oder aber die Klappenaufgänge sind zu groß, was einem schnellen Spiel ein unnötiges Hindernis in den Weg legt.
Unter diesen Gesichtspunkten des Tons und der Applikatur hab ich mal folgende Tenor Instrumente angespielt:
1. Selmer ref 36
2. Selmer ref 54
3. Selmer sa II
4. Selmer sa III
5. Jupiter Artist 989
Das setup, das ich benutzte war immer das gleiche
nämlich Ein Link Four**** mit Oleg Olegatur und Francois Louis Blatt Stärke 2 1/2. Die Francois Louis Blätter kommen von der Firma Rigotti.
1. Selmer ref 36
Hier hatte ich das Glück auf 2 verschiedenen Instrumenten spielen zu können. Das eine Instrument war ein Stück von der Selmer Hausmesse, das andere kam durch den normalen Vertrieb zum Einzelhändler. Das Instrument von der Hausmesse war in jeder Beziehung phänomenal. Es hatte einen Riesenklang durch alle Register und selbst wenn man das Instrument bis zum äußersten pushte, wurde der Klang nie lästig, selbst die Höhen blieben immer cool. Einzig die ganz tiefen Töne hatten ein ungewöhnlich hohen Blaswiderstand, der mich, so schätze ich das ein, überfordern würde. Aber sonst ein herausragendes Instrument. Und die Applikatur? Auch für meine mittelgroßen Hände wirklich sehr gut und die Klappenaufgänge sind nicht zu groß. Das ref 36 soll ja dem Balanced Action aus den 30-iger Jahren nachempfunden sein, nun das kann ich nicht beurteilen.
Das 2. ref 36 war eine Enttäuschung, hatte keinen tragenden großen Ton, und da dachte ich, ist das nun typisch Selmer wie oft behauptet wird oder einfach eine Folge der Tatsache, daß diese Instrumente in Handarbeit hergestellt werden evtl von verschiedenen Personen etc?
2. Selmer ref 54
Dieses Instrument ist prädestiniert für Blues, Rock und Jazz und weniger wohl für Klassik. Es hat ein leicht rauhen, dunklen und tragenden Ton, der wenn man Instrument in den Höhen pusht sehr viel edge hat, aber auch nicht lästig dabei wird. Der Ton ist recht komplex, d.h. kann in alle Richtungen gefärbt werden und die tiefen Töne sind etwas schlanker als beim ref 36. Aber auch die tiefen Töne tragen sehr gut. Dieses Instrument soll ja ein Nachbau des frühen mk VI sein, was ich nicht beurteilen kann, da ich nie eins gespielt hab. Der Blaswiderstand des ref 54 ist sehr angenehm, nicht zu klein und nicht zu groß. Die Applikatur ist wie die vom ref 36, ich hab jetzt aber nicht geguckt, ob das millimeter genau stimmt.
Alles in allem ein ganz hervorragendes Instrument.
3. Selmer sa II
Dieses Instrument besticht durch einen schönen runden und tragenden Ton, der wohl je nach Spielweise viele Klangfarben zuläßt. Wenn ich das mal mit der reference Serie vergleiche, bietet das sa II mehr Möglichkeiten einen runden, seidigen, oder konzertanten Ton zu bilden.
Die Applikatur ist ähnlich gut wie die der reference Serie. Lediglich die palm keys sind für mittelgroße Hände etwas zu flach, aber da gibt es ja die Möglichkeit mit key risern dies zu beheben.
Das sa II ist das "billigste" Selmer, es macht auf mich einen sehr soliden Eindruck.
4. Selmer sa III
Auf dieses Saxophon hatte ich große Hoffnungen gesetzt, die sich bei mir nicht erfüllten.
Der Ton war mir zu hell und auch nicht so tragend wie vom sa II. Laut gespielt, klang das Instrument denn auch schnell nervig. Vielleicht hatte ich hier ein Montags Gerät erwischt.
5. Jupiter Artist 989.
Dies Instrument ist das neue Flagschiff der Jupiter Saxophone. Das Saxophon wird in 2 Ausführungen nämlich in Goldlack (GL) und mit versilbertem Korpus (SG) und S-Bogen angeboten. Zusätzlich liegt dem Instrument ein 2. S-Bogen bei, und zwar eine Ausführung in Gold-Messing (Rose Brass). Ich durfte das versilberte Instrument über Nacht zum Testen mitnehmen und war von dem, was ich da hörte und sah, hin- und hergerissen. Ich möchte hier aber nicht weiter auf das Aussehen eingehen, sondern mich auf das Klangerlebnis und die Applikaturfrage konzentrieren.
Das Instrument hatte die beste Ansprache aller getesteten Saxophone. Sowohl die tiefen als auch die ganz hohen Töne ließen sich mühelos spielen, der Blaswiderstand war gering. Der Ton war sehr farbig aber nicht so tragend wie zB des Selmer ref II. Der Rose Brass S-Bogen liefert einen runden,seidigen Ton, der Standard S-Bogen (versilbert) klingt fetziger. Laut gespielt geht der Klang zumindest für mich an seine Grenzen - was mit einem anderen Mundstück und einem anderen Spieler vielleicht gar nicht so stimmt.-
Die Applikatur ist einfach gesagt Spitzenklasse. Sie ist schnell, ziemlich leise und die key Abstände und -postionen sind für mittelgroße Hände wie maßgeschneidert.
Dieses Instrument sollte jeder mal, der was neues sucht, antesten.
Fazit: Die Versuchung des Reference 54 ist wohl eine Sünde wert 8-) , aber wie heißt es doch so schön "wat dem einen sien Nachtigall is dem annern sien Uhl" :-P